Konzept/Philosophie von Dorico?

Ich “fremdele” mit Dorico nach mehreren Wochen immer noch sehr stark. Mir scheint, dass ich das Konzept irgendwie nicht verstanden habe.
Gibt es irgendwo eine gut lesbare Zusammenfassung, warum bestimmte Designentscheidungen in dieser Form gefällt wurden? Mir geht es vor allem um die merkwürdig unscharfe/inkonsequente Trennung zwischen den Modi. Oder die Frage nach den Tastaturkürzeln. Oder die Frage, warum man nicht einfach in die Seite schreiben kann, sondern immer die Einblendfelder bemühen muss, was ich insbesondere bei Akkordsymbolen und Liedtexten für unpraktisch halte.
An anderen Stellen fühlt sich Dorico für mich wie eine übereifrige Rechtschreibprüfung an; z.B., was die Positionierung von Fermaten angeht. Es mag ja sein, dass man das irgendwo abstellen kann, aber ich finde, dass man “out of the box” Fermaten über beliebige Noten setzen dürfen sollte. Oder die Tatsache, dass das Eingeben einer punktierten Viertel zur Taktmitte eines 4/4-Taktes erst mal mit einer Viertel mit angebundener Achtel dargestellt wird, die dann magisch zur korrekten punktierten Viertel umgewandelt wird, wenn der Takt vervollständigt wird. Mal davon abgesehen, dass es musikalisch so oder so völlig korrekt wäre, empfinde ich so etwas als hochgradig irritierend.

Hallo @gacki - ich kann ein Paar Seiten teilen, die um diesen Themen gehen und hoffentlich werden Sie die nutzlich finden?

  • Modi - der Unterschied zwischen Schreiben-Modus und Notensatz-Modus zum Beispiel: man kann eigentlich nichts musikalisches (Noten, Ornamente usw) im Notensatz-Modus löschen, und dabei passieren weniger fehler. Habe ich selbst früher (nicht in Dorico, natürlich!) Noten eingegeben, die ich nicht wollte und nicht gemerkt habe und nur später herausgefunden!

  • Verschiedene Einblendfelder - in Dorico wird jedes Notationselement musikalisch definiert. Dabei kann Dorico richtig verstehen, was sie bedeuten, und auch kann man sie überall im Projekt kontrollieren mit Notensatz-Optionen. z.B. das Aussehen von crescendo/diminuendo. Wenn sie alle nur eigentlich “text” sein wären, wär das nicht möglich. Darüber hinaus, mit Liedtexten, das Verständnis von Bedeutung ermöglicht es, das man in Dorico verschiedene Sachen mit Liedtexten tun kann, z.B. ändern Liedtexten zwischen Normal-, Refrain-, und Übersetzung-Linien.

  • Punkierten Viertel / Viertel mit Haltebogen nach Achtel - die Regeln davon kann man in Notationsoptionen ändern, und auch Ihre neue Settings als Standard für neue Projekte speichern. Kann man auch Gruppen sich selbst nennen/definieren.

Mir ist das prinzipielle Konzept der Modi durchaus klar.
Mich irritiert, dass es sowohl im Schreiben-Modus als auch im Notensatz-Modus praktisch gleiche Funktionen/Befehle gibt, die aber unterschiedliche Auswirkungen haben. Siehe z.B. die von mir in einem anderen Thread angesprochene Frage der Richtung bei Haltebögen - das funktioniert für “einfache” Haltebögen auch im Schreiben-Modus, für mehrfache Haltebögen hingegen nur im Notensatz-Modus. “Stimmenreihenfolge umdrehen” ist auch in beiden Modi verfügbar, funktioniert aber in meinem Fall nur im Notensatz-Modus richtig. Warum ist das dann im Schreiben-Modus überhaupt drin? Das meinte ich mit “unscharf/inkonsequent”.

Die Einblendfelder sind sicher manchmal sinnvoll, nämlich dann, wenn man ein einzelnes Objekt (Schlüssel, Tonart usw.) einsetzt. Bei Akkorden oder Liedtexten ist sehr oft eine fortlaufende Eingabe mit einem quasi fortschreitenden Cursor typisch. Der Cursor ist also (programmintern) irgendwo vorhanden; wir schreiben aber nicht dort, wo das Material dann erscheint. Über der Zeile zu schreiben und dann zu sehen, dass der Text unter der Zeile erscheint, irritiert mich. Alle anderen Programme schaffen es übrigens auch, Akkorde oder Liedtexte direkt in die Seite zu schreiben, genau an der Stelle, wo sie dann auftauchen. Und wenn man Pech hat, überdeckt das Eingabefeld für Akkorde genau das, was man gerade geschrieben hat…

Hallo gacki,

Zur Trennung der Modi: das Grundprinzip ist, wie Lillie auch schon erwaehnt hat, dass musikalische Inhalte im Notensatz Modus nicht veraendert werden koennen, sondern nur ihre Position. Es gibt ein paar wenige Ausnahmen bei denen man streiten kann, wo sie hingehoeren (z.B. erzwungenen Zeilenumbrueche). Und es gibt ein paar Befehle, vor allem in Kontextmenus, die offenbar angezeigt werden selbst wenn sie nicht in den Modus gehoeren. Das ist eine Sache welche wir in Zukunft einfach noch anpassen muessen. Konkret “Stimmenreihenfolge umdrehen” sollte eigentlich im Schreiben-Modus zuverlaessig funktionieren. Wenn du ein konkretes Beispiel hast bei dem das nicht der Fall ist, schauen wir uns das sehr gerne an!

Der Hinweis zu den Eingabefeldern ist durchaus berechtigt. Es gibt momentan Faelle, in denen die Felder musikalisch relevante Stellen verdecken, vor allem bei der Liedtext-Eingabe. Das ist eine Sache die wir bereits auf dem Schirm haben, und in Zukunft verbessern wollen (im englischen Forum kam das auch schon mehrfach zur Sprache). Diese werden aber, genau wie das Feld zur Eingabe von Akkorden, auch weiterhin in dieser Form erscheinen. Ein “Cursor” mitten zwischen den Noten wuerde sicher nur dazu fuehren, dass er nach jedem Tastendruck in unterschiedlicher Form hin- und herspringen wuerde, um jederzeit ein optimales und kollisionsfreies Layout zu gewaehrleisten. Ich sehe da keinen Vorteil.

Zu den Tastaturkuerzeln: diese sind oft den englischen Begriffen abgeleitet, zum Beispiel Shift+M fuer Measure, oder Shift+K fuer Key. Solche sind in den uebersetzten Versionen, wie der deutschen, identisch uebernommen worden. Andere, wie zum Beispiel die Kuerzel fuer Artikulationen, sind so angeordnet, dass sie auf der Tastatur griffbereit nebeneinander liegen. In der Uebersetzung haben wir dann versucht, diese ebenso nah beieinander auf der Tastatur liegen zu haben. Das ist das Grundkonzept, welches wir versucht haben so gut und konsequent wie moeglich umzusetzen.

Und noch zur Notation mit punktierten oder gebundenen Noten: auch hier gilt das Prinzip, dass die gesamte Musik zu jedem Zeitpunkt endgueltig und optimal automatisch gesetzt sein soll. Das Programm kann nicht unterscheiden, ob ein Nutzer vorhat noch weitere Noten in einem Takt zu schreiben. Die Notationsregeln und aktuelle Taktangabe bestimmen dann eben, in welcher Form eine gespielte Note idealerweise dargestellt wird. Nur auf dieser Basis ist es moeglich, dass man auch im Nachhinein die Taktart veraendern kann, oder einzelne Noten einfuegen kann.

Hoffe das hilft ein wenig, die Entscheidungen des Designs nachzuvollziehen. Wir sind natuerlich immer offen fuer konkretes Feedback, an welchen Stellen das als problematisch empfunden wird.

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