Quantisierungsfehler

Folgende Beobachtungen zum MIDI-Timing und zur Quantisierung:

  1. Wenn ich etwas per MIDI-einspiele (z.B. Drums) landen meine MIDI-Events im Mittel 50 ms zu früh im Grid, auch wenn es sich beim Einspielen richtig anhörte. Ich habe mein Audiointerface auf 128 bit Buffersize gestellt. An der Latency sollte es also nicht liegen. Auch bei 64 Bit Buffersize ändert sich daran nichts. Verzögerungsausgleich ist natürlich eingeschaltet. Ich glaube, Cubase schleppt dieses Timingproblem schon seit Version 6 mit sich herum. Jedenfalls habe ich schon unzählige Threads darüber gelesen.

  2. Auch die Quantisierung scheint nicht richtig zu funktionieren. Wenn ich beispielsweise versuche, auf ein 16tel zu quantisieren, zieht Cubase die Noten immer nach vorne, also hin zum früheren Achtel, auch wenn die Abweichung zum späteren Achtel kleiner als 1/16 ist.
    Noch schlimmer: Wenn ich auf 1/8 quantisiere, schiebt Cubase die Noten korrekt auf das Grid, aber wenn ich danach noch einmal auf 1/16 quantisiere, zieht er etliche davon. die schon richtig lagen, wieder nach vorne???!!

Da stimmt doch etwas nicht. Diese Tendenz, alles vor dem Grid aufzunehmen und dann beim Quantisieren auch noch nach vorne zu ziehen, muss doch irgendeinen Grund haben.

Hat jemand eine Idee?

Hi Rolander, interessantes Thema, das mich auch immer wieder beschäftigt.
Zu 1.:
Kann es sein, dass es sich trotz minimal eingestellter Buffersize evtl. doch um ein Latenz-Phänomen handelt - bzw. eine psychoakustische Reaktion darauf?

Ich habe eben mal folgendes Experiment gemacht, das Du gern mal nachvollziehen kannst.
Ich habe in einem zunächst vollständig leeren Projekt mal 4 Instrumentenspuren angelegt.
Dann habe ich Spur für Spur einfach mal Viertelnoten über ein angeschlossenes Keyboard eingespielt. Bei den ersten beiden Spuren habe ich das Instrument (in dem Fall die MODO-Drums) stummgeschaltet und so nur nach dem Cubase-Klick gespielt.
Bei den anderen beiden Spuren habe ich neben dem Klick zusätzlich noch das akustische Feedback des Instruments gehabt. Das Ergebnis sieht so aus, dass sich mit dem Instrumenten-Feedback auch bei mir vorgezogene MIDI-Noten ergeben, so um die 50ms.

Erklären kann ich mir die Sache dadurch, dass es zwischen dem Tastenanschlag und der Audioausgabe des VSTi eben doch eine Latenz gibt. Die muss nicht nur im Rechner begründet sein. Auch die Instrumentensamples haben eine Einschwingphase, und der wahrgenommene Sound liegt eben nicht exakt auf dem Q-Raster, sondern je nach Instrument mehr oder weniger zeitversetzt. Intuitiv reagiert man beim Spielen so, dass man immer ein wenig vor der 1 spielt und so den akustischen Hitpoint intuitiv ins Raster zieht.
Diese psychoakustische Reaktion kenne ich übrigens bestens als Orgelspieler, der oftmals mit wesentlich längeren “Latenzen” einer pneumatischen Orgel zu kämpfen hat. Auch dort spielt man zwangsläufig “im Voraus”. Man gewöhnt sich aber daran, dass man eine Sechzehntel spielt und dabei erst die vorhergehende hört .

Wäre interessant zu wissen, ob Du das Experiment in ähnlicher Weise nachvollziehen kannst.

Zu 2.:
Das beschriebene Verhalten hat damit zu tun, dass Cubase für jeden Quantisierungsbefehl immer wieder die ursprüngliche Beginn- und Endezeit des Events zugrunde legt, also nicht das vorhergehende Quantisierungsergebnis. Wenn Du möchtest, dass die 8tel-Quantisierung nicht mehr verloren geht, musst Du danach erstmal die Quantisierung festsetzen, dadurch werden die Originalzeiten überschrieben.

Dass bei der Quantisierung die Noten immer nach vorn gezogen werden, kann ich nicht bestätigen. Im folgenden Beispiel habe ich die manuell eingestellten Drumnoten mal so verschoben, dass sie so ungefähr zwischen dem 16tel-Raster liegen.


Nach dem Quantisieren auf 16tel liegen alle auf dem Raster, einige wurden vor-, andere zurückgezogen. Also alles, wie man es erwartet.

VG, Pat

Vielen Dank, Pat, dass du dich so ausführlich mit meinem Problem auseinandergesetzt hast. Du hast wahrscheinlich recht, dass es sich um eine Verzögerung zwischen Tastenanschlag und Wahrnehmung handelt. Ich habe das selbst schon vermutet. Wahrscheinlich spiele ich unwillkürlich früher, weil es die von dir beschriebene Latenz zwischen Tastenanschlag und Sample gibt und ich die Samples erst später höre.

Was ich nicht verstehe, wie es anderen gelingt, dieses Phänomen zu umgehen und das Raster viel besser zu treffen. Wenn ich mir Youtube-Videos anschaue, wie Musiker einen Drumgroove in Echtzeit einspielen und höre, dass die Samples sowohl beim Einspielen als auch bei der Wiedergabe mit dem Click übereinstimmen, frage ich mich, wieso das sich bei ihnen in beiden Fällen synchron anhört.
Auf der anderen Seite höre ich tatsächlich eine minimale Verzögerung zwischen dem Geäusch, dass die angeschlagene Taste macht, und dem Sample. Ich frage mich, ob es eventuell an meinem Keyboard liegt, dass diese Latenz so groß ist. Als Samplebibliothek verwende ich Toontrack Superior 3, dieses Druminstrument hat bekanntermaßen eine sehr kurze Latenz. An ihm kann es also nicht liegen.

Auf der anderen Seite beschreibst du ja in deinem Experiment, dass du auch die Tastenanschläge unwillkürlich vorziehst, wenn du das Instrument beim Aufnehmen hörst. Da muss man wohl mit leben. Ich überlege, ob ich mir ein Makro mache, dass die eingespielten MIDI-Noten um 50 ms nach hinten rückt.

Danke für den Hinweis, die Quantisierung zuerst festzusetzen. Das wusste ich nicht.

LG Roland

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Würde ich ausschließen, denn auf der MIDI-Spur kommen die Noten ja so gut wie verzögerungsfrei an. Die MIDI-Latenz liegt normalerweise höchstens im einstelligen ms-Bereich. Hast Du Plugins auf der Drum-Spur, die eine verzögerte Audioausgabe erklären könnten?

Nein, leeres Projekt mit nur Superior Drummer. Keine Plugins.
Eine weitere Beobachtung:
Wenn ich statt des Keyboards ein Korg-PadControl anschließe und auf ein Pad klopfe, höre ich auch deutlich eine kleine Verzögerung zwischen dem Aufschlaggeräusch und dem Samplebeginn. Der PC ist ausreiched stark, die Samples liegen auf einer SSD. Daran sollte es also nicht liegen.

Ich würde zwecks näherer Analyse mal eine kurze Audioaufnahme mit einem Mikro machen. Dann kannst Du die zeitlichen Differenzen zwischen Anschlaggeräusch, Midi-Eventbeginn und Audioausgabe direkt ausmessen.

Ichabe die von dir vorgeschlagenen Messungen mal gemacht:

  1. Mein Timing ist deutlich besser, wenn ich den Sound der Drums ausschalte und mich nur auf den Metronomclick konzentriere. Zwar tendiere ich da auch noch ein bisschen dazu, zu früh zu spielen, aber das ist deutlich weniger als die Verschiebung mit hörbarem Sound. Ich vermute mal, dass es daran liegt, dass ich den Clicksound einfach schlechter höre, wenn ich Drums dazu spiele.

  2. Ich habe auch die Differenz zwischen dem Aufschlaggeräusch meines Padcontrols und dem MIDI-Ereignis gemessen: es sind 7 ms, wobei das Mikrofon 25 cm entfernt war. Erstaunlicherweise höre ich diese Differenz noch. Es fühlt sich nicht so unmittelbar an.

Die Verzögerung durch die Schallgeschwindigkeit liegt hier bei 0,7 ms, ist also vernachlässigbar. Die Hauptverzögerung kommt wohl druch MIDI- und Gerätelatenz. 7 ms sind aber eigentlich im Rahmen.

Mein Fazit: Mein Timing ist einfach zu schlecht. Ich muss daran arbeiten.
Danke für deine Unterstützung und deinen Rat, Pat.

Irgendetwas kam mir komisch vor, deshalb habe ich nochmal nachgemessen. Die Verzögerung zwischen Tab-Aufschlag und MIDI-Event beträgt tatsächlich im Mittel nur 2 ms nach der Aufnahme.
Ich habe mich beim ersten Mal wohl verrechnet.

Die Eingangs- und Ausgangslatenz meines Audiointerfaces liegt bei je 6,6 ms. Deshalb nehme ich an, dass Cubase das automatisch korrigiert und die hörbare Verzögerung nur bei der Aufnahme und nicht bei der Wiedergabe auftritt.

Selbst eine Gesamtlatenz von 13 ms (Eingangs- und Ausgangslatenz addiert) sollte eigentlich nicht wahrnehmbar sein. Aber ich höre es und spiele wohl deshalb zu früh.

Wie auch immer: Falls es andere Leute mit diesem Problem gibt: Es ist gut zu wissen, dass das nicht an Cubase liegt.

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